Elendstouristin Bewohner des Knochenhauses
Anmeldungsdatum: 02.07.2005 Beiträge: 82 3.151 Worte gesamt Wohnort: dem Fleisch
|
Verfasst am: 02 Jul 2005 15:13 Titel: god(quo vadis ;) ) |
|
|
dinge die ich halt so ausdrösel. war ne idee,aber ich bezweifle, dass des fertig wird. bin.zu.faul..
viel vergnügen
idn/touri
Mir tropft der Moder aus dem Gesicht. Es ist widerlich kalt. Der sternenlose Himmel spuckt Feuchtigkeit auf mich hernieder. Ich torkele an der Strasse entlang, Richtung Innenstadt. Autos fahren vorbei, ein fernes Rauschen und das Erstrahlen von Scheinwerfern unterbricht die asphaltierte, von fahl bräunlich schimmernden rauschenden Bäumen. Fades licht, öde und blässlichgelb, Myriaden Lichtpartikel. Jedes Mal wenn sie mich treffen, schließe ich die Augen und hoffe, dass sie die mikroskopisch feinen offenen Stellen zwischen meinen Lidern nicht finden, um sich hindurchzuzwängen. Nasse Wimpern verbergen den Weg in meine Augen. Dreck auf dem Körper, durchweichte Kleidung, etwas Algen, verfangen in meinem Hemdknopf und in meinen Haaren stinken vor sich hin. Ein feiner Wind stellt die Härchen auf meinen Armen auf, ich friere wirklich. Und ich rieche nach Brackwasser, ein öliger Film liegt auf meinen Lippen und in meinem Geist ist auch meine Lunge von ihm bedeckt und schillert lila-grün-schwarz. Ich gelange in die Fußgängerzone, das Kopfsteinpflaster wirkt glitschig, dank dem feinen Sprühnebel der seit stunden über allem hängt. Die Bauwerke sind kalt und leer, unzählige dunkle Schaufenster starren mich an, Schaufensterpuppen mit krank-schielendem unnatürlich schimmerndem blick und spastisch verrenkten Gliedern. Das rote Leuchten feinster Dioden der Alarmanlagen spiegelt sich, konzentriert in ihren Augen und... Ich sehe zu Boden und haste weiter. Die Gebäude sind von einem fahlen Licht bedeckt, es kommt nur pulverisiert durch die Wolken und liegt wie feiner Staub auf allem. Auch auf ihm, der inmitten des Marktplatzes auf dem Brunnenrand sitzt und schweigt.
"Hallo Mädchen"
Er ist nicht schön. Nicht einmal attraktiv. Schüttes langes Haar. Seltsame Augen. Dürr. Zusammengesunken. Er friert nicht. Keine Gänsehaut, trotz dünnem Leinenhemd. Das war der dritte Gedanke. Nach denen über seine missglückte optische Erscheinung.
"Hallo", ich spucke aus, wische mir das Öl von den Lippen.
"Unsinnig, es ist in deinem Kopf. Das Wasser war ölfrei."
Ich lache laut. Er hat mich also beobachtet.
Auch er scheint zu grinsen. Dann sieht er mich das erste mal an, nur kurz, eher ein Blinken, trotz dem sehe ich sofort zu Boden, eine dreckige Strähne klebt in meinem Gesicht, als ich den Kopf hebe, unsicher, erleichtert als ich bemerke, dass er wegsieht. Keinerlei Regung in ihm. Nicht einmal Genugtuung. Er hält eine Bierdose in der Hand. Spitze Hände. Gesplitterte Fingernägel.. "Was willst du", meine Stimme erschallt brüchig , sie stolpert mehr als dass sie schwebt, was ich eindeutig bevorzugt hätte. Ich hasse meine Angst.
"Du bist doch hierher gekommen.", Seine sonore Stimme quillt souverän aus seinem Kopf. Der Sprühnebel hat aufgehört. Er nimmt einen Schluck aus der goldweißen Dose. "Du wohnst nicht in der Innenstadt", er hat helles Haar, kahle Stellen... Trotz der Entfernung sehe ich es klar. Nur nicht sein Gesicht. Ich schiebe die Strähne weg, etwas Wasser rinnt mir zwischen die Lippen und vermischt sich in dem in mir pulsierenden Dreck, welcher grade beginnt klumpen zu bilden. Es wird wärmer, je näher ich ihm komme. Der Brunnen ist aus hellgelbem Stein, jeder Schatten ist klar und scharf, ich rieche das Wasser. Er lehnt an der rostigen Seilwinde. Ein Knacken ertönte, metallen, leer, es wabert über den Markt, zerplatzt an den umliegenden Häuserwänden um dann schmierig an ihnen herunterzulaufen, sich in Pfützen zu sammeln und zu ihm zurückzukehren. Der Klang der nun eingedellten, gequetschten Bierdose. Die groteske Situation lässt mich lachend erschaudern.
"Wer bist du?"
"Gott"
Ich fühle mich verarscht. Mir ist zwar mittlerweile warm, jedoch steht das Wasser in meinen Schuhen, es ist mittlerweile auf Körpertemperatur aufgeheizt, feucht und schlammig, saugt sind in meine eh durchweichten Socken. In meine Sohle bohren sich feine Steinchen und schaffen ein pulsierendes Gefühl ,meine Nervenenden glimmen hellrot und daher habe ich keinen Bock, mich mit einem durchgeknallten Neo-Hippie rumzuschlagen.
Ich drehe mich um, den Aufbruch im Kopf schon vollzogen. "Willst du mir gar nicht sagen, was du hier wolltest?“, seine Stimme klingt ruhig, nahezu monoton und frei jeder Emotionalität. Wie eine hässliche, dilletantisch gefertigte Handpuppe.. eine menschliche.
Und ich bleibe stehen. " Du bist hier weil Gott es will "
"Halts maul, Scheißkerl. Ich war hier um mich in dem verfickten Brunnen zu ertränken, himmelherrgottnochmal!."
Ich spucke vor ihm aus, mein Speichel zerplatzt auf dem Steinpflaster und stiebt in alle Richtungen, ich registriere, wie ein kleiner Tropfen seine hellbraunen Lederschuhe trifft. Er lächelt. Es erscheint mir zumindest so.
Ich sehe seine Zähne kurz. Weiß wie Schnee. Von tausender blutigen Linien bedeckt, überzogen, getränkt. Ich rieche es kurz, und etwas Fleisch. Seelenfresser. Und als ich es wage, ihm in die Augen zu sehen.(warum zum Teufel sage ich wagen? - Ich fühle mich hilflos. Es erscheint am passendsten...) 2 schwarze Perlen, lidlos, mit einem glimmenden Punkt in der Mitte. Seine Oberlippe platzt, als er höhnisch zu lachen beginnt und dabei etwas Blut auf sein Hemd niederrieselt.
Ich habe wahrlich Gott vor mir.
Und dann gehe ich. Ohne mich umzudrehen, den zerrenden Drang in mir unterdrückend, der in mir hochsteigt wie blässlich grüne Galle. Ich sehen nur auf den Boden, versuche den immer näher kommenden Häusern zu entkommen ,die pulsierend und einer Welle gleich hereinzubrechen scheinen. Ich haste, renne fast.. Die Hose klebt mir am Gesäß, meine Schuhe hinterlassen noch immer feuchte Abdrücke, in ihnen schwappt es. Ich ärgere mich darüber, sie verdreckt zu haben. Das Wasser scheint an mir so kleben, es saugt sich fest, um mich zu umschließen trotz der Tatsache, dass dem meisten Wasser die reinigende Eigenschaft zugesprochen wird fühle Ich mich schmutzig. Selber schuld, innerlich zwinge ich mich zu einem Schulterzucken. Muss mir gegenüber nicht auch noch zugeben, wie dumm ich eigentlich war. Ich erwische die Straßenbahn mit Mühe, lasse mich in einen orangen, beschmierten, von Feuerzeugen angeschmorten Hartplastikwannen-Sitz fallen und starre die Plakate an, die teilweise an den Fenstern hängen, vergilbt und dreckig, Schwarzfahren 40 Euro, fahrt weiß... Außer mir sitzen drei dort, blicken nach Draußen und schweigen, während der veraltete, dreckige Wagen, der nach faulem Gemüse stinkt über Schienen rattert. Ich tue es ihnen gleich, mein Gesicht spiegelt sich in der Scheibe, gebrochen durch einige Kratzer. Mein Auge ist schwarz, lidlos und rollt in seinen dunkelroten Höhlen. Ich sehe, wie mir Blut aus der Nase rinnt, schmecke den metallischen Saft in meinem Mund, habe plötzlich Angst, dass er gerinnt und Fäden zieht, reiße den Mund auf, schnappe nach Luft und mir entweicht ein kehliges Stöhnen. Danach kotze ich auf den Boden. Ein schwarzer Klumpen zuckt, umgeben von weißlicher Galle die sich auf dem Riffelblech ausbreitet. Während ich mit dem Kopf gegen eine metallische Stange schlage um wenigstens nicht sehen zu müssen, wird der Klumpen zu einem stück Rindfleisch in Champagner –sauce, garniert von einigen halbverdauten Stücken Petersilienkartoffel. Man gönnt sich ja sonst nichts. Die Bahn hält. Ich gehe hinaus, stolpere eher. Industrieviertel. Ein toter Hund liegt auf der Strasse, ich gehe an ihm vorbei, werde fast von einem Mercedes überfahren, dessen Farbe ich nicht erkennen konnte. Aber seine Hupe klang abartig. Als ich auf der Höhe des Tieres bin, höre ich ihn fiepen, sein Atem rasselt, eine Blutlache ist um ihn. 2 Rippen stehen aus seinem Brustkorb, die Vorderpfote ist zerfetzt. Ich sehe zu ihm herunter, seine Augen flehen mich an, sein Maul öffnet und schließt sich, als ob er nach Luft schnappen würde. Seine Zähne sind die eines Menschen. Mit blutigem Schaum bedeckt. „Komm zu Gott“ Guttural, doch eher ein Gurgeln. Rotierende schwarze Augen in lidlosen Höhlen... „Komm zu Gott“ Ein zynisches, böshaftes spritzendes Lachen... Ich schweige, mein Nase blutet wieder, ich spüre förmlich wie die Adern in Ihr platzen als der letzte Satz aus diesem unsäglichen, Ding quillt „Ich bin bei Gott“ ... Ich stürze weiter, während die zuckende, fleischige Masse, die ehemals Tier war und nun ein Bündel Klump und Fell ist, lacht. Es klingt eher wie ein Kotzgeräusch. Der Horizont beginnt zu bluten. Eine rollende, nach Eisen stinkende, zähe Masse quillt auf mich zu. Vor mir hält die Straßenbahn Richtung Innenstadt. „Das war klar“ fährt es mir durchs noch funktionierende Resthirn. Ich stürze hinein, schließe die Augen, schweige, kralle mich an einer sich organisch und warm anfühlenden masse fest, die ich zuerst als Stange identifizierte, nun aber als faulenden Arm ertaste und hoffe bald am Markt anzukommen.
|
|
|