zortaxus Frischfleisch
Anmeldungsdatum: 10.06.2005 Beiträge: 4 2.409 Worte gesamt Wohnort: in einem sehr dunklen und kalten Land
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Verfasst am: 24 Jun 2005 18:18 Titel: Das Verlies des Wahnsinns |
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Das Verlies des Wahnsinns...
Nach einem kurzen Moment des Zögerns und einem nichtigen Anflug einer eigentlich kaum erwähnenswerten (ich tue es trotzdem, warum auch immer...) Angst vor dem Unbekannten, wagte ich, gedrängt von einer nicht zu unterschätzenden, aber dennoch blinden Neugierde den Schritt in die Dunkelheit. Es war nur ein kleiner Schritt und dennoch kam es mir so vor, als hätte ich gerade Welten hinter mir gelassen, um in ein anderes Universum einzutauchen.
Ein merkwürdiges Gefühl umklammerte mich, als ich mich hier drin, in diesem bizarr anmutigenden Kerker umsah......die Tür, die ich gerade erst durchschritten hatte, befand sich auf einmal in weiter Ferne, obwohl ich mich nicht weiter bewegt hatte. Sie wechselte vollkommen willkürlich ihren Standort, so, als hätte sie ein eigenes (dem Menschen an Willkür sehr ähnliches) Bewusstsein, was natürlich nur völliger Blödsinn sein konnte (ne Tür mit eigenen Bewusstsein.....eine absurde Vorstellung). Aber es schien ihr geradezu Spaß zu machen, mal hier, mal dort aufzutauchen, sich ständig den Blicken ihres stummen Betrachters zu entziehen, um dennoch immer in seiner Gegenwart zu verweilen. Ich vernahm ihre ständige Präsenz daran, dass es hier weder Kerzen oder Kristalle, noch sonstige kerkertypischen Energiequellen gab, die Licht oder Wärme produzierten. Das einzige Licht, was sich seinen Weg hier herein bahnen konnte, war das Licht der Außenwelt, welches durch die immer geöffnete Tür Einlass fand, in diese durch und durch dunkle und kalte Welt. Selbst wenn man die Tür aufgrund ihres lustigen Versteckspiels nicht sehen konnte (man hätte sicherlich beträchtliche Zeit mit Versteck spielen verbringen können....), so nahm man dennoch immer einen kleinen Lichtschein wahr, der es wenigstens zuließ, hier drinnen die Umgebung schemenhaft als solche wahrzunehmen.
Und schrecklich kalt war es hier. Ein Kälte, wie sie selbst in den eisigsten Gebieten der weiten Erde da draußen nicht vorkommt, man drohte zu erfieren, wenn man allzu lange in Ruhe verweilte, und dennoch war es keine normale Kälte. Neben der Eigenschaft des rein körperlichen Frierens, zeichnete sich diese Kälte durch eine weiteres Merkmal aus. Man könnte es am ehesten als eine Gefühlskälte beschreiben, die hier sich hier niedergelassen hatte. Die einzigen Gefühle, die ich hier, völlig unabhängig meines Selbst, zu empfinden vermochte, waren Angst und Einsamkeit und der Trieb dem Ganzen auf den Grund zu gehen.
Mein Vorteil in dieser Hinsicht war wohl, dass ich das Gefühl der Angst und der Einsamkeit mehr als gut kannte, sie waren bisher meine ständigen Wegbegleiter in dem erbarmungslosen Kampf des (Über)Lebens. Daher mag es auch kommen, dass mir, trotz einer tiefen Beklommenheit, hier alles merkwürdig vertraut vorkam und ich nicht wirklich von mir behaupten könnte, dass es mir ernsthafte Schwierigkeiten gemacht hätte, mich hier drinnen zurecht zu finden....was mich doch zugegebener Maßen etwas erschrecken ließ....aber nur ein bisschen...
Aber bevor ich meinen Weg durch diese mehr als groteske Form eines Verlieses beschreibe, muss ich noch eine weitere sehr merkwürdig Tatsache erwähnen. Es herrschte hier eine Totenstille, es war nicht ein einziges Geräusch zu vernehmen. Kein tropfendes Wasser, keine Krabbelgeräusche von kleinen Insekten, wie man sie eigentlich an solchen Orten zu vermuten mochte, kein Rasseln von Ketten (keine Kerkergeister?), kein qualvolles Stöhnen (keine Folter?).
Es befand sich weit und breit kein Mensch, zumindest kein Lebender oder irgendein anderes Lebewesen. Ich rief in die Dunkelheit hinein, doch der Schrei wurde sofort vom Nichts verschluckt. Es schien gerade so, als wären Geräusche hier ein Unding, als würden sie einfach nicht hierher gehören. Selbst Atem- und Laufgeräuschen ließen sich nur sehr schwer vernehmen.
Es kam mir sogar manchmal so vor, als hätte ich aufgrund der teilweise ausbleibenden Schrittgeräusche keinen Boden unter den Füßen, wenn mein Verstand mir nicht sagen würde, dass dies unmöglich sei, weil ich bei fehlenden Bodenverhältnissen schließlich fallen müsste. Das leuchtete mir ein, aber gleich darauf fragte ich meinen Verstand, warum ich so gut wie nichts zu hören vermochte, wenn ich in die Hände klatschte. Daraufhin meinte dieser, ich müsse mich nur stärker konzentrieren, schließlich blieben Geräusche nicht vollständig aus, sie verweilten nur eben eine sehr kurze Zeit, bevor das erbarmungslose Nichts sie verschlang. Wenn man sich also stark genug konzentrierte, vermochte man wenigstens die eigene Existenz zu hören. Aber wie soll man sich richtig konzentrieren, wenn man nur von Angst und Einsamkeit erfüllt ist und sich in an einem der bizarrsten Orte befindet, die man sich nur vorstellen kann?
Wie auch immer, bevor ich mich nun auf eine endlose, der hiesigen Sinnlosigkeit sich wahrscheinlich anpassenden Diskussion mit meinem Verstand einließ, der mir eh schon überfordert zu sein erschien, entschied ich mich, mich vorerst der gnadenlosen Ruhe, die sich von nichts und niemanden unterbrechen lassen wollte, anzupassen...ein fast geräuschloses Laufen (und das unbeabsichtigt, also keine geräuschloses Schleichen, eher ein geräuschloses Stampfen) ist schon ohne eine Diskussion mit einen neunmalklugen Verstand kein einfaches Unterfangen...
....doch dann dieser diese eiserne Stille durchfahrende entsetzliche Schrei.........der weder von mir (von meinem Verstand vielleicht, aber wohl kaum, der hatte andere Sorgen, als zu schreien...), noch von einem mir bekannten Wesen gekommen sein konnte (vermutete ich zumindest...). Wie schon gesagt, kam es mir so vor, als würden hier alle Geräusche sofort vom Nichts verschlungen werden, so dass diese nicht genug Zeit hätten, von jemanden gehört zu werden. Und dann dieser vollkommen unnatürliche Schrei, der mir durch Mark und Bein ging, der mich in den Tiefsten meiner Seele berührte, und sofort wieder verschwand. Es schien ein Schrei zu sein, der nicht für die Ohren des Zuhörers gedacht war, vielmehr bahnte er sich seinen Weg direkt in die Seele, so dass er sich selbst vom Nichts, dessen Aufgabe es anscheinend war, die Ruhe hier zu beschützen, nicht aufhalten ließ.
Normalerweise hätte ich schon jetzt kurz vor dem Wahnsinn stehen müssen. Man bedenke die schier unendliche Dunkelheit, würde es die Tür nicht geben (Was für eine Rolle spielte nur diese verdammte Tür? Wollte sie mir möglicherweise den Weg weisen oder wollte sie aus purer Langeweile nur ein makabres Spiel mit mir spielen?), und die eisige Kälte, die einem das Atmen fast unmöglich machte und nicht zuletzt diese bedrückende Stille, bewacht von einem erbarmungslosen Nichts, wodurch Bewegung zu einer völlig neuen Erfahrung wurde...und dann noch dieser furchtbare Schrei.
Es ergab alles keinen Sinn (Was herrschten hier für seltsame Regeln? Wieso hat hier alles ein scheinbar eigenes Bewusstsein? Und warum?) und mein Verstand stand kurz davor in einen etwas längeren Urlaub zu fahren, wenn meine Seele ihm nicht befohlen hätte, zu bleiben. Er dürfte auch, wenn es denn unbedingt notwendig sei, sich kurz ausruhen und etwas schlafen. Meine Seele schien sich hier wohler und wohler zu fühlen....Ein Umstand, der, wäre ich bzw. mein ruhender Verstand dazu in der Lage gewesen, mir wohl am meisten zu Denken gegeben hätte...aber ich wollte ihn nicht wecken, er hatte sich ja gerade erst hingelegt...und es stand ja noch ein langer (möglicherweise auch ein kurzer, weil mit Entfernungen hier herum zu handieren, machte auch nicht viel Sinn), aber bestimmt sehr aufregender Weg bevor....hier im Verlies des Wahnsinns...
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