Knochenhaus

[RIG]

Die Zehn Gebote für Gothic-Rezensenten

Eine ergreifende Gothic-Rezension zu schreiben, ist gar nicht so einfach. Eine Vielzahl von Regeln will berücksichtigt, eine Flut von Weisheiten will beachtet werden. Für alle angehenden Musikpoeten, hier die zehn Gebote der Gothic-Rezensenten:

1. Es gibt kein zu blumig!

2. Wichtig ist die Nabelschau: Beschreibe stets deine Gefühle beim Hören, nie die Musik selbst!

3. Ein Adjektiv ist gut, zwei sind besser! Warum "schwarzhumorig" schreiben, wenn man auch "feucht schillernde Morbidität" dazu sagen kann?

4. Bemühe dich um verquastete Schachtelsätze. Gruftis gehen gern in Irrgärten spazieren.

5. Wenn dir gar nichts einfällt, behelfe dir mit einer kunstvollen Collage aus Presseinfo und Allgemeinplätzen.

6. Nochmal, weil's so zentral ist: es gibt kein zu blumig!

7. Erfinde pro Rezi mindestens ein neues, tolles Wort wie z.B. "Okkult-Symphonik" oder "Glamour-Avantgardewave".

8. Je weniger Ahnung von Musik du hast, desto befreiter schreibt es sich. Vergiss nicht: an dir ist ein Dichter verlorengegangen!

9. Aber denk auch an die Anzeigenabteilung: Wenn das Label eine DinA4 Werbung geschaltet hat, schreibst du "logische musikalische Weiterentwicklung" und "ein echter Meilenstein", falls es keine Anzeige geschaltet hat, schreib doch was du willst, falls das Label stattdessen bei der Konkurrenz Anzeigen schaltet, schreibst du "vorhersehbar" und "ein Schatten früherer Heldentaten".

10. Sagte ich schon, dass es kein zu blumig gibt?

[Dorsia]

@RIG

Wie schon erwähnt selber Schreiberling (doch weit von Gothic entfernt), frage ich mich gerade, wo Du diese Weisheiten gesammelt hast - ich lieg' am Boden und trotz Übertreibung ist was Wahres dran.

Hast Du eine bestimmte Rezensionsquelle im Sinn?

Cheers.

[Nibelheim]

@RIG, herzlichen Dank für die längst fällige Veröffentlichung der 10 Gebote für Gothic-Rezensenten.
Dem blumigen Sprachstil an sich noch nie völlig abhold gewesen, ziehe ich neue Kraft aus den gebotenen Hinweisen und werde zu gegebener Zeit den ultimativen, rauchgeschwängerten und rosenumkränzten Schachtelsatz zur exzessiven Vollendung führen. Ob mir auf diesen Seiten hierfür genügend Speicherplatz zur Verfügung steht......wir werden sehen.

[RIG]

@Dorsia

Freut mich, dass ich dich amüsieren konnte. Was schreibst du denn schönes? Eine bestimmte Quelle hatte ich nicht im Sinn, die einschlägigen Mags wie ZILLO, ORKUS und SONIC SEDUCER da qualitativ unterscheiden zu wollen, käme wohl Erbsenzählerei gleich. Fähige Schreiber gibt's bei allen dreien, aber der Durchschnitt der Rezensionen unterschreitet leider oft die Mindestgrenze.

@Nibel

Als Großmeister der Verbalfloristik wärst du eigentlich die ideale Besetzung für die freie Stelle beim ORKUS. Was meinst du? Dat wär doch was, oder?

Gruss
RIG

[Nibelheim]

@RIG Darüber hatte ich auch schon nachgedacht, aber der Müller steht bestimmt nur auf wachsbleich geschminkte, spargelbeinig umherstelzende, rußschwarz-langbehaarte Mimöschen, die mit sachte ersterbendem Stimmchen am Telefon die Eintreiber von Finanzamt und Krankenkasse abwimmeln. Ein alter Sack wie meinereiner hat da wohl von vornherein nur wenig Chancen auf Beachtung.

[RIG]

Mal wieder ein kleines Beispiel für Gebot Nr.7: "klassische Orchestralik" Was hat man sich unter sowas vorzustellen? Eine prätentiöse Mischung aus "klassischer Orchestrierung" und gruftiger "Theatralik"? Oder ist das alles am Ende nur die verbale Form "abgrundtiefer Harmlosigkeit" [Stilblüte aus derselben Rezension und Gebot Nr.3]? Wie auch immer, es wird Herbst, die Rezensionen blühen...

[Dorsia]

@RIG
Was ich schönes schreibe oder besser für wen? Wir machen es so: ihr veröffentlicht die neue CD und vielleicht habt ihr dann mit mir zu tun. Die blumigste Schreibweise würde dann aber zur Farce verkommen, denn: es gibt immer eine Steigerung!

[RIG]

@Dorsia

[Dorsia]

@RIG

Nein, keine Angst, ich versuche immer, mich mit blumigen Redensweisen zurückzuhalten... mal schauen, vielleicht klappt es ja, es sei denn, ein anderer in der Redaktion ist schneller... oder Euer Album wird so schlecht, dass es nicht der Rede wert ist (aber das glaubt in diesem Forum wohl keiner und am wenigsten ich selbst).

Cheers,
Lars.

[RIG]

@Dorsia

[Dorsia]

... bin zu blöd, einen fehlerhaften Eintrag zu löschen und von daher hier dieses Outing. Man gebe mir Hirn!

[Dorsia]

@RIG

Mangelnde Qualität gibt es leider immer zu bemängeln, aber wenn, dann bin ich der Meinung, dass auch schreiben zu müssen (bisher habe ich daraufhin auch noch keine Morddrohungen bekommen). Letztendlich bin ich ja selber ein Hörer, der sich verarscht fühlt, wenn mir bei einem Review was vorgemacht wird.

Cheers,
Lars.

[RIG]

Bei der Menge der zu besprechenden Musik und der zunehmenden Verknappung der Ressource Zeit, kann es schonmal vorkommen, dass man beim ersten Hördurchlauf geneigt ist, die Musik den Erwartungen, die man im vorfeld an sie hat anzugleichen, sprich: sie sich schönzuhören.

Was ich viel schlimmer finde als, im Endeffekt eh subjektive Qualitätseinschätzungen, sind Reviews, die schlicht keinen Bezug zur Musik ["Heute morgen stieg ich mißmutig ins Auto und schob die neue XY in den CD-Wechsler. Meine Freundin hatte... blabla... "] oder einen übermäßigen Hang zur Poesie aufweisen [" Wie Herbstlaub, so rieseln die Töne sanft auf einen herab. Der betörende Duft einer... blabla...].

Es ist mir meist unmöglich eine CD anhand einer Besprechung in einem Gruftmagazin zu kaufen. Der "betörende Duft des Herbstlaubs" kann ebenso HIM wie HEATHER NOVA oder DIARY OF DREAMS bedeuten.

Gruss
RIG

[Dead Man]

[t.omate]

Als vertreter der schreibenden Zunft kann ic hdazu nur sagen, dass ich blumiger werden musste, weil sonst meine Artikel nicht mehr erscheinen. Nachdem ich Illuminate zum dritten Mal veriss (und NICHT gedruckt wurde) hab ich mir nen Garten gekauft und pflücke jetzt Blumen, um meine Artikel zu schreiben. Man kann da so nett böse Digne drinne verstecken.